Krieg der Welten (War of the Worlds)
Verfasst: Sonntag 12. Januar 2014, 18:53
Die Vorlage (1898):
Neben Mary Shelley oder Jules Verne war der britische Schriftsteller H.G. Wells fraglos einer der großen Pioniere der "Science-Fiction". Und ebenso fraglos war sein 1898 erstmals in Buchform veröffentlichter Roman KRIEG DER WELTEN (The War of the Worlds) die "Mutter aller Alien-Invasionen", denen die gute alte Erde seither immer wieder regelmäßig zum Opfer fällt. Auf dem Mars, unserem roten Nachbarn, benannt nach dem römischen Kriegsgott, hatte Giovanni Schiaparelli erst wenige Jahre zuvor die seltsamen "Kanäle" erspäht, und die Entfernung von mindestens 55 Millionen Kilometern (bei Periheloppositionen) markierten seinerzeit eine unüberwindbare Distanz - zumindest für uns Erdbewohner. Und somit war er die ideale Ausgangsbasis für umtriebige Invasoren.
Die Invasion selbst, erzählt aus der Perspektive eines namenlosen Protagonisten in England, mag aus heutige Sicht nicht besonders spektakulär wirken. Technische Überlegenheit in Form von dreibeinigen Kampfmaschinen, denen das erst beginnende industrielle Zeitalter der Erde nichts entgegenzusetzen hatte, reichen als Exposition für ein globales Armageddon völlig aus. Manche mögen die "Invasion" auch als Seitenhieb auf die Kolonialpolitik des britischen Empires werten, oder als frühe Warnung vor kollektiver Technologiehörigkeit, aber "innovativ" ist selbst heute noch die geradezu darwinistische Auflösung: Denn anders als im heutigen Mainstream werden die außerirdischen Technokraten eben nicht von patriotischen Sprücheklopfern nach Hause geprügelt...
The War of the Worlds bei Project Gutenberg (gemeinfrei)
Das Hörspiel (1938):
Zum Ende der Weltwirtschaftskrise waren Rundfunkempfänger halbwegs flächendeckend verbreitet und etablierten Zeitungen erwuchs dadurch bzgl. Aktualität und Werbeeinnahmen eine ernsthafte Konkurrenz. Das vom damaligen Theaterschauspieler Orson Welles (nicht verwandt oder verschwägert mit H.G. Wells) mit begründete "The Mercury Theatre on the Air" sendete wöchentlich für das Radio aufbereitete Klassiker der Literatur (u.a. auch Bram Stoker's Dracula oder Die Schatzinsel), und am 30. Oktober 1938 (Halloween!) eben schließlich "War of the Worlds". Die Handlung wurde nach "Grover's Mill, New Jersey" verlegt, und die Erzählperspektive (heute wohl "POV") der Vorlage wich einer durch "Augenzeugen" und "Experten-Interviews" begleiteten Berichterstattung, eingebettet in übliches Musikprogramm... der Rest ist sprichwörtliche "Geschichte"...
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=Xs0K4ApWl4g[/youtube]
Heute ist unstrittig, dass der von Presse/Zeitungen anschließend veranstaltete Wirbel wesentlich größer war als die propagierte "Massenpanik". Es war einfach eine ideale Gelegenheit der ungeliebten Konkurrenz "Verantwortungslosigkeit" vorzuwerfen. Dennoch war es auch ein früher Fingerzeig auf die manipulative Wirkung der "neuen Medien", deren Potenzial auch umgehend von der Propaganda des 3. Reiches instrumentalisiert wurde. Und für Orson Welles war es der Turbo Boost für eine Film-/Regie-Karriere, denn anschließend wurde das "Wunderkind" von RKO nach Hollywood gelockt, wo sein erstes Projekt dann CITIZEN KANE sein sollte. Aber das ist eine eigene Geschichte...
Kampf der Welten (Byron Haskin, 1953)
Als der Produzent und Trickfilmspezialist George Pal (DER JÜNGSTE TAG, DIE ZEITMASCHINE) rund 50 Jahre und zwei Weltkriege nach Veröffentlichung des Buches die erste Leinwandadaption mit Regisseur Byron Haskin realisierte, hatte diese inhaltlich nur noch wenige Schlüsselelemente mit der Vorlage gemein und wirkt eher wie eine bebilderte Spielfilmversion des Hörspiels. Nach dem 2. Weltkrieg hatten die Kriegsschiffe ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit und ihren Status als Ultima Ratio der Waffengewalt längst eingebüßt, also wurde die "Thunder Child", die in der Vorlage zumindest noch einen aufopferungsvollen Achtungserfolg gegen die Aliens erzielen durfte, weggelassen. Und da die außerirdischen "Tripods" über Stop-Motion kaum zu realisieren waren, wurden sie durch rochenartige Flugmaschinen mit Schwanenhals ersetzt. Bemerkenswert ist auch die rührende Leutseligkeit, mit der die Invasoren mit einer weißen Fahne und einem freundlichen "Willkommen in Kalifornien" begrüßt werden (wie dereinst Hernán Cortés von den Azteken), sowie die Weltoffenheit des lokalen Pfarrers, der auch Außerirdische erstmal großzügig in "Gottes Schöpfung" einschließt. Was für ein geradezu aberwitziger Kontrast zu neuzeitlichen Shoot-First-Parolen wie etwa BATTLESHIP...
Ansosten präsentiert sich KAMPF DER WELTEN als typisches Kind seiner Zeit (DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT, DER TAG AN DEM DIE ERDE STILLSTAND, ALARM IM WELTALL), wo im Kontext des Wettrüstens beiderseits des eisernen Vorhanges vermeintliche Kommunisten genau so erbarmungslos aufgespürt wurden wie Aliens. Und so besiegelt dann auch das Scheitern der Atombombe die endgültige Niederlage gegen die Invasoren. Aus heutiger Sicht mag KAMPF DER WELTEN daher durchaus etwas altbacken und teilweise lachhaft daher kommen, und mir persönlich erschien auch die kirchliche Moral etwas zu aufdringlich, aber die oft gewählte Klassifizierung als "B-Movie" trifft sicherlich nicht zu. Die SFX waren für ihre Zeit wegweisend (für Gordon Jennings gab es einen Oscar), und auch teuer. Und im Grunde war der Film derartig stilbildend, dass selbst Filme wie INDEPENDENCE DAY nur noch etablierte Ideen neu aufwärmen konnte, wie etwa die Einigung der zerstrittenen Nationen der Erde, die sich endlich zusammenraufen müssen, um gegen eine außerirdische Bedrohung zu bestehen...
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=m_DUxdhdSyk[/youtube]
...to be continued...
Neben Mary Shelley oder Jules Verne war der britische Schriftsteller H.G. Wells fraglos einer der großen Pioniere der "Science-Fiction". Und ebenso fraglos war sein 1898 erstmals in Buchform veröffentlichter Roman KRIEG DER WELTEN (The War of the Worlds) die "Mutter aller Alien-Invasionen", denen die gute alte Erde seither immer wieder regelmäßig zum Opfer fällt. Auf dem Mars, unserem roten Nachbarn, benannt nach dem römischen Kriegsgott, hatte Giovanni Schiaparelli erst wenige Jahre zuvor die seltsamen "Kanäle" erspäht, und die Entfernung von mindestens 55 Millionen Kilometern (bei Periheloppositionen) markierten seinerzeit eine unüberwindbare Distanz - zumindest für uns Erdbewohner. Und somit war er die ideale Ausgangsbasis für umtriebige Invasoren.
Die Invasion selbst, erzählt aus der Perspektive eines namenlosen Protagonisten in England, mag aus heutige Sicht nicht besonders spektakulär wirken. Technische Überlegenheit in Form von dreibeinigen Kampfmaschinen, denen das erst beginnende industrielle Zeitalter der Erde nichts entgegenzusetzen hatte, reichen als Exposition für ein globales Armageddon völlig aus. Manche mögen die "Invasion" auch als Seitenhieb auf die Kolonialpolitik des britischen Empires werten, oder als frühe Warnung vor kollektiver Technologiehörigkeit, aber "innovativ" ist selbst heute noch die geradezu darwinistische Auflösung: Denn anders als im heutigen Mainstream werden die außerirdischen Technokraten eben nicht von patriotischen Sprücheklopfern nach Hause geprügelt...
The War of the Worlds bei Project Gutenberg (gemeinfrei)
Das Hörspiel (1938):
Zum Ende der Weltwirtschaftskrise waren Rundfunkempfänger halbwegs flächendeckend verbreitet und etablierten Zeitungen erwuchs dadurch bzgl. Aktualität und Werbeeinnahmen eine ernsthafte Konkurrenz. Das vom damaligen Theaterschauspieler Orson Welles (nicht verwandt oder verschwägert mit H.G. Wells) mit begründete "The Mercury Theatre on the Air" sendete wöchentlich für das Radio aufbereitete Klassiker der Literatur (u.a. auch Bram Stoker's Dracula oder Die Schatzinsel), und am 30. Oktober 1938 (Halloween!) eben schließlich "War of the Worlds". Die Handlung wurde nach "Grover's Mill, New Jersey" verlegt, und die Erzählperspektive (heute wohl "POV") der Vorlage wich einer durch "Augenzeugen" und "Experten-Interviews" begleiteten Berichterstattung, eingebettet in übliches Musikprogramm... der Rest ist sprichwörtliche "Geschichte"...
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=Xs0K4ApWl4g[/youtube]
Heute ist unstrittig, dass der von Presse/Zeitungen anschließend veranstaltete Wirbel wesentlich größer war als die propagierte "Massenpanik". Es war einfach eine ideale Gelegenheit der ungeliebten Konkurrenz "Verantwortungslosigkeit" vorzuwerfen. Dennoch war es auch ein früher Fingerzeig auf die manipulative Wirkung der "neuen Medien", deren Potenzial auch umgehend von der Propaganda des 3. Reiches instrumentalisiert wurde. Und für Orson Welles war es der Turbo Boost für eine Film-/Regie-Karriere, denn anschließend wurde das "Wunderkind" von RKO nach Hollywood gelockt, wo sein erstes Projekt dann CITIZEN KANE sein sollte. Aber das ist eine eigene Geschichte...
Kampf der Welten (Byron Haskin, 1953)
Als der Produzent und Trickfilmspezialist George Pal (DER JÜNGSTE TAG, DIE ZEITMASCHINE) rund 50 Jahre und zwei Weltkriege nach Veröffentlichung des Buches die erste Leinwandadaption mit Regisseur Byron Haskin realisierte, hatte diese inhaltlich nur noch wenige Schlüsselelemente mit der Vorlage gemein und wirkt eher wie eine bebilderte Spielfilmversion des Hörspiels. Nach dem 2. Weltkrieg hatten die Kriegsschiffe ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit und ihren Status als Ultima Ratio der Waffengewalt längst eingebüßt, also wurde die "Thunder Child", die in der Vorlage zumindest noch einen aufopferungsvollen Achtungserfolg gegen die Aliens erzielen durfte, weggelassen. Und da die außerirdischen "Tripods" über Stop-Motion kaum zu realisieren waren, wurden sie durch rochenartige Flugmaschinen mit Schwanenhals ersetzt. Bemerkenswert ist auch die rührende Leutseligkeit, mit der die Invasoren mit einer weißen Fahne und einem freundlichen "Willkommen in Kalifornien" begrüßt werden (wie dereinst Hernán Cortés von den Azteken), sowie die Weltoffenheit des lokalen Pfarrers, der auch Außerirdische erstmal großzügig in "Gottes Schöpfung" einschließt. Was für ein geradezu aberwitziger Kontrast zu neuzeitlichen Shoot-First-Parolen wie etwa BATTLESHIP...
Ansosten präsentiert sich KAMPF DER WELTEN als typisches Kind seiner Zeit (DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT, DER TAG AN DEM DIE ERDE STILLSTAND, ALARM IM WELTALL), wo im Kontext des Wettrüstens beiderseits des eisernen Vorhanges vermeintliche Kommunisten genau so erbarmungslos aufgespürt wurden wie Aliens. Und so besiegelt dann auch das Scheitern der Atombombe die endgültige Niederlage gegen die Invasoren. Aus heutiger Sicht mag KAMPF DER WELTEN daher durchaus etwas altbacken und teilweise lachhaft daher kommen, und mir persönlich erschien auch die kirchliche Moral etwas zu aufdringlich, aber die oft gewählte Klassifizierung als "B-Movie" trifft sicherlich nicht zu. Die SFX waren für ihre Zeit wegweisend (für Gordon Jennings gab es einen Oscar), und auch teuer. Und im Grunde war der Film derartig stilbildend, dass selbst Filme wie INDEPENDENCE DAY nur noch etablierte Ideen neu aufwärmen konnte, wie etwa die Einigung der zerstrittenen Nationen der Erde, die sich endlich zusammenraufen müssen, um gegen eine außerirdische Bedrohung zu bestehen...
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=m_DUxdhdSyk[/youtube]
...to be continued...